In diesen Zeiten, in denen Corona vielen Urlauber*innen einen Strich durch die Rechnung macht, sind die Wiener Alpen aufgrund ihrer Nähe und guten Anbindung bei vielen Tagesurlauber*innen, sei es zum Klettern oder zum Wandern, beliebt. Besonders die Wasserwelt der Wiener Alpen lädt Familien an heißen, sonnigen Tagen zu einem Tagesausflug ein. Eine spezielle Ausrüstung oder Kenntnisse sind dafür nicht nötig – möchte man meinen.
Anlässlich des am 08.07.2020 stattfindenden Felssturzes in der Bärenschutzklamm in der Steiermark, bei dem drei Tourist*innen ums Leben kamen, möchte ich dich daran zu erinnern, dass in solchen Gebieten, auch wenn sie gut aufgeschlossen sind, IMMER Vorsicht geboten ist.
Ein guter Hinweis ist schon einmal das Schild, das zumeist am Eingang der Klamm angebracht ist. Dieses warnt vor Steinschlag! Als Insiderin kann ich dir bestätigen, dass in diesem Gebiet schon vermehrt Steinschläge auftraten, da dieses Schild sonst nicht angebracht worden wäre. Zudem wird auch gebeten, die Brücken und Tritte nicht zu überlasten (zumeist mit Personenzahlangabe). Es bestünde sonst ggf. Einsturzgefahr. Diese betrifft aber nicht nur den Bau selbst, sondern auch das Gestein, in dem die Brücken befestigt wurden. Gestein steht aufgrund des menschlichen Einflusses, sei es durch angebrachte Brücken, Leitern, Stahlseile beim Klettersteig oder Bohrhaken in der Kletterwand, ohnehin bereits unter einer gewissen Spannung. Nimmt diese Spannung durch zunehmenden Druck, beispielsweise durch das Gewicht des Menschen, zu, kann sich der Riss im Gestein ausbreiten und zu kompletten Abbrüchen führen.
Bild 1: Eingang Klamm mit Hinweisschild
Aber nicht nur künstlich angelegte Wege und Tritte verursachen eine Veränderung am und im Gestein, auch sehr stark begangene oder angegriffene Felsen unterliegen einer Deformation, was man äußerlich auch schon wunderbar an den „abgespeckten“ Griffen erkennen kann.
Weitere Hinweise oder besondere Vorsicht sind auch in Zeiten der Frostsprengung geboten. Im Winter kann in den Klüften des Gesteins durch das Eindringen von Wasser Frost entstehen. Dadurch werden diese Klüfte geweitet und das Gestein „gesprengt“. In der Zeit, in der der Frost taut, ist daher mit Gesteinsabbrüchen zu rechnen.
Ein weiterer, „natürlicher“ Faktor, der zu Felsstürzen führen kann, ist das Wasser, von dem, insbesondere in einer Klamm, zu Genüge vorhanden ist. Wasser verändert das Gestein. Vor allem in Kalkgestein verursacht Wasser beeindruckende Karstformen wie Rillen, Karren und Höhlen. Aber Achtung! Es kann auch zur Porosität des Gesteins führen, was weiterführend zu einer Instabilität des Felsens beitragen kann. Ebenso sind Regenfälle eine Naturgewalt, die, wie die jüngsten Ereignisse zeigen, zu einer Unterspülung und somit einer Lösung der Gesteinsmassen führen können.
Bild 2: Deformation des Gesteins durch Wasser
Wie sollte man daher nun am besten vorgehen?
• Du solltest stets für Klüfte und Lockergestein die Augen offenhalten.
• Solltest du solche erkennen, gib bitte deinen Kletter- oder Wanderpartner*innen Bescheid, dass mit Steinschlag zu rechnen ist. Ebenso den dir folgenden Personen. Es ist nun besondere Vorsicht geboten.
• Sollte sich etwas bei deinen Tritten lösen, so rufe „STEIN“.
• Solltest du selbst jemals dieses Signalwort hören, suche bitte nicht zuerst den fallenden Stein, sondern schütze sofort deinen Kopf und mache dich klein.
• Kletter*innen und Begeher*innen von Klettersteigen sollten ohnehin immer einen normgeprüften Kletterhelm tragen.
• Verhalte dich in der Natur ruhig! Oft hört man einen Stein auch schon fallen oder abbrechen, jedoch nur, wenn in diesem Gebiet eine gewisse Ruhe herrscht.
Grundsätzlich gilt: Auch in touristischen, gut aufgeschlossenen Gebieten ist Vorsicht geboten. Wenn man sich der Natur gegenüber respektvoll verhält, wird sie dies einem danken! Vergiss aber nie, welche Gefahren in der Natur lauern, was insbesondere auch für Personen gilt, die nicht mit den Gewalten der Natur vertraut sind!
Bild 3: Wer Hirn hat, schützt es. Trage einen Kletterhelm!