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Arco

Blog von: James Skone

Arco

Die Felsen von Arco sind für Krista und mich zu einem Kletterlustgarten zum Ausleben klettersportlicher Phantasien ohne Risiko geworden. Da nämlich „familienfreundlicher“ Klettergarten auch das Codewort für „seniorentauglich“ ist. Also richtig für mich, da ich zwar schon wieder einigermaßen klettern kann, aber für Zu- und Abstiege noch Krücken brauche. Krista übernahm diesmal kühn das scharfe Seilende.

Aber die Felsen sind in Wirklichkeit nur Teil des Erlebnisses. Ich spüre in dem Städtchen ein ästhetisch geprägtes Lebensgefühl an der Schnittstelle von altösterreichischer K&K Geschichte und coolem Italienischen Design. Umgeben von einer grandiosen Landschaft, wo steile Dolomitwände in den breiten Talboden des Sarcatales übergehen. Felsen treffen hier auf Obst- und Weingärten, Palmen und Zypressen. In der Ferne blitzen die Segel der Windsurferarmada auf dem sich endlos in den Süden windenden Gardasee. Die Unendlichkeit scheint türkisblau, wenn die Sonne scheint.

Altstadtromatik, orangefarbige alkoholische Spritzgetränke und Lokale, die sich versuchen bei den „Getränkegoodies“ zu überbieten. Ein ganzer Straßenzug voller Geschäfte, die die neuesten „climbing toys“ anbieten. Es scheint Teil eines Arcoerlebnisses zu sein, dem Kitzel des Konsumdranges nachzugeben und sich Zeug zu kaufen, das man eh nicht wirklich braucht. Welch ein Paradigmenwechsel im Klettern. Wo sind die Zeiten, als die Kletterer vor allem durch ihre - oft bewußt kultivierte - schäbige Kleidung, und Schnorren auffielen? „Dirtbags“ nannte man sie.

Dazu sozusagen „anwenderfreundliche“ Kletterein (es gibt natürlich auch andere, echte „Hämmer“, aber nicht für uns gedacht). Bolt reiht sich an Bolt. Darüber freute ich mich natürlich, angesichts meiner derzeitigen Einschränkung. Ich muss mir alle möglichen Movekombinationen ausdenken um einfache Viererstellen zu überlisten.

Hier erlebt man aber auch hautnah, wie Klettern mainstream geworden ist. Die Demokratisierung eines ehemalig elitären Abenteuers treibt seltsame Blüten. Wohlbeleibte Damen reiferen Alters, dem Akzent nach bundesdeutscher Herkunft, wuchten sich die Felsen hoch. Leicht hysterische Streitgespräche über Seilzug, Seilknoten und aufkommende Panik inklusive gegenseitiger Schuldzuweisungen darüber, schallen von 20m hohen Felsen. Früher wären sie als alpine „displaced persons“ mit Sorge gesehen worden. Heute aber scheint so ein Bild tolerierbar. Wie verhaltensauffällige Kinder auf einem Kinderspielplatz. Irgendwann werden sie schon wieder heim gehen. Für die Damen scheint, wie für viele andere auch, der Fels bloß zu einem Outdoor Fitnessgerät geworden zu sein.

Ansichten eines Klettersnobs: Ich klettere zwar immer noch gerne, und freue mich über die neuen Entwicklungen, die auch Durchschnittskletterern ein stressfreies Klettern ermöglicht. 

Aber noch immer habe ich großen Respekt vor der Natur und den Bergen in denen ich mich bewege. Sie sind kein beliebiger schräger Spielplatz. Der Alpinismus ist ein Kulturform mit Geschichte und gelebten Werten. Auch wenn er, wie in Arco - touristisch gesehen- meisterlich mit Infrastruktur und Marketing dem konsumorientierten Zeitgeist Rechnung trägt. Trotzdem - Arco ist noch immer cool!

       



James Skone
No Topo – Eigene Wege gehen.

James G. Skone setzt sich mit der Welt des Kletterns und Bergsteigens aus einer persönlichen kreativen und gestalterischen Perspektive auseinander. Im Blog reflektiert er in unkonventioneller Form über wie es einmal war und was ihn heute am Klettern interessiert. Einblicke in sein Skizzenbuch und Bildkollagen ergänzen die Ausführungen. 

James G. Skone war in den frühen 1970er Jahren Impulsgeber beim Freiklettern und erschloss die ersten Eiskletterrouten in Österreich. Auch bei der Entwicklung neuer Geräte für das Klettern war er Pionier. Er erfand die Vorläufer heutiger Hallenkletterwände, die so genannten „Skone Stones“, Der von ihm entworfene Kletterschuhe „Super Magic“ erhielt 1984 den Österreichischen Designstaatspreis. Vor kurzem wurde dieser in die Sammlung des Museums für angewandte Kunst, Wien aufgenommen. James war zuletzt Univ. Prof. für Designpädagogik an der Universität für angewandte Kunst Wien.

Er begann 1958 mit neun Jahren mit dem Bergsteigen bei der Gruppe „Unsere Jüngsten“ bei der Edelweiß. In späteren Jahren kehrte er mit dem Beitritt der „Wiener Lehrer“ - deren Mitglied er später war - zur Edelweiß wieder zu seinen alpinen Wurzeln zurück. 

www.no-to-po.com